Baden-Baden Quartalsturnier (März 2017)

Bericht und Fotos: Ralf Toth.

Am 4. und 5. März 2017 fand in Baden-Baden das allseits beliebte Jugendquartalsturnier statt. Diesmal in Rekordbeteiligung mit 93 Teilnehmern. Der Saal im LA8 war zum Bersten voll, beinahe wäre die maximale Kapazität von 100 Spielern erreicht worden. Darüber durfte sich Turnierleiter GM Roland Schmaltz freuen, der am Samstagmorgen pünktlich das diesmal auf 5 Runden verkürzte Turnier starten konnte. Gespielt wurde wie immer mit langer Bedenkzeit, so dass das Turnier DWZ-gewertet werden konnte. Die Aufteilung in A- und B-Turnier hat sich bewährt, auch die gezogene Grenze von DWZ 1000 macht Sinn. Für den SC Untergrombach waren acht Kinder und Jugendliche am Start: Im A-Turnier starteten die stärksten Spieler mit den Geschwistern Alexander und Rebecca Doll, Marc und Luca Toth, sowie Pascal Nied. Im B-Turnier waren Kai und Tim Burger und Simon Kling am Start. Das Turnier war gewohnt stark besetzt und besonders im A-Turnier gab es wirklich sehenswerte Partien zu beobachten.


Volles Haus in der Lichtentaler Allee: Das Schachzentrum Baden-Baden hatte zum Quartalsturnier geladen und die ambitionerten Jugendspieler aus der Region folgten in Scharen.

A-Turnier

Bereits mit der Startrangliste wurde klar, dass Alexander Doll zu den Favoriten im A-Turnier gehört. Und er erfüllte alle Erwartungen, spielte stets an Brett eins oder ganz in der Nähe davon. Am Samstag löste er seine drei Pflichtaufgaben mit Bravour, am Sonntag ging es dann ans Eingemachte. Gegen Mitfavorit Linus Koll (KSF) hatte er im Endspiel Glück, dass sein Gegner die gewonnene Stellung nicht verwerten konnte. In der letzten Runde folgte dann eine Wiederauflage des "ewigen Duells" gegen Leon Wegmer (KSF), diesmal mit dem besseren Ende für den Untergrombacher. Mit 4,5 aus 5 Punkten musste die Feinwertung entscheiden. Hauchdünn, mit einem halben Buchholzpunkt weniger, kam Alexander Doll auf den zweiten Rang hinter Turniersieger Linus Koll. Eine erstklassige Leistung von Alexander, der bewiesen hat, dass er dem Druck standhalten kann: Er spielte gewohnt unbefangen und machte den nächsten Schritt. Seine neue DWZ von 1700 ist neben einem hübschen Pokal für die heimische Sammlung der Lohn.


Diese beiden spielstarken jungen Herren haben sicher noch nicht das letzte Duell ausgefochten: Alexander Doll (SCU, rechts) gewann diesmal gegen Leon Wegmer (KSF).

Schwester Rebecca Doll hat mit einem gewaltigen DWZ-Sprung auf sich aufmerksam gemacht, überwand zuletzt die 1400er Marke und gehört damit zu den besten Mädchen ihrer Altersklasse in ganz Deutschland. Sensationell ist ihre Entwicklung und natürlich war die spannende Frage, wie sie sich in diesem stark besetzten Jugendturnier schlagen würde. Gleich in der ersten Runde hatte sie Vereinskamerad Pascal Nied als Gegner (vielleicht kann der Ausrichter beim nächsten Mal das entsprechende Häkchen im WinSwiss setzen, damit Vereinsduelle in der ersten Runde ausgschlossen sind). Die Partie endete in einem ausgekämpften Remis. Dass es ausgekämpft sein würde, war keine Frage, wer Rebecca kennt, weiß, dass sie keine Punkte verschenkt. Da gibt es auch keinen Vereinsbonus. In der zweiten Runde folgte ein Favoritensieg. In der der dritten Runde war der frühere Turniersieger Edward Schneider (Sasbach) zu stark für sie. Am Sonntag folgten noch ein Sieg und ein Unentschieden, sodass insgesamt eine den Erwartungen entsprechende Leistung herauskam. Und die DWZ? Blieb über 1400, die neue Zahl ist 1430. Bei der Anzahl an Turnieren, die Familie Doll derzeit absolviert, ist nur eines sicher: Lange wird es dabei nicht bleiben...


Einziges Mädchen beim SCU, aber dafür saustark: Rebecca Doll, wie immer voll konzentriert

Eine der wesentlichen schachlichen Eigenschaften von Pascal Nied ist seine eher defensive Spielweise, die dazu führt, dass er nur sehr schwer zu besiegen ist. Andererseits sucht er auch selten die Entscheidung und so ließ er folgerichtig nach dem bereits erwähnten Remis gegen Rebecca in der zweiten Runde ein weiteres Unentschieden folgen. Im A-Turnier würde er hauptsächlich stärkere Gegner bekommen, so auch in der dritten Runde, in der es für ihn eine Niederlage setzte. Am Sonntag lief es unter den Augen von Papa und Vereinschef Heiko Schleicher dann zunächst besser: Ein schöner Sieg gegen einen deutlich besser gewerteten Gegner. In der letzten Runde aber hatte Pascal mit Weiß eine ziemlich schwierige Stellung zu verteidigen. Sein Gegner erhöhte konsequent den Druck über geöffnete h-Linie und drang am Ende auch entscheidend durch. 2 aus 5 Punkten reichten dennoch locker, um seine DWZ auf über 1100 zu steigern. Eine Spielstärke, die Pascal derzeit auch allemal drauf hat.


In der letzten Runde lief es nicht gut für Pascal Nied (rechts), der insgesamt ein gelungenes Turnier spielte.

Das zweite Untergrombacher Geschwisterpaar war Marc und Luca Toth, die aufgrund ihrer Spielstärke beide im A-Turnier gesetzt waren. Wie Pascal würden sie hauptsächlich stärkere Gegner bekommen. Beide begannen am Samstag parallel mit Auftaktniederlagen gegen klar bessere Spieler; Marc hatte gleich den späteren Turniersieger Linus Koll als Gegner und hielt den Laden fast 40 Züge zusammen, eher er dann mit einem schwer zu sehenden taktischen Versehen die Partie herschenkte. In Runde 2 ließ Marc einen Pflichtsieg folgen, Luca überraschte mit Sieg gegen Tobias Kiefhaber (KSF) in einer ganz stark geführten Partie. Besonders im Endspiel zeigten sich die ersten Früchte des Intensivtrainings durch Stefan Doll. Über ein übersehenes Mattmotiv kann man daher auch getrost hinwegsehen. In Runde drei wieder alles parallel; zu starke Gegner, in dem Fall für beide Gegnerinnen und konsequent auch Niederlagen. Am Sonntag "same procedure as every round", beide hatten Gegnerinnen, für Marc war ein Sieg Pflicht, für Luca wäre es eher eine Überraschung. Beide hatten verlorene Stellungen auf dem Brett, beide durften sich bei ihren Gegnerinnen für taktische Versehen bedanken und fuhren den Punkt ein. Erst in der letzten Runde trennten sich die Wege der beiden Brüder, Luca kam in einer Kurzpartie gegen den von seinem Freitagstrainer Veaceslav Cofman trainierten Hendrik Hänselmann (KSF) böse unter die Räder. Eine Partie, die Luca so schnell nicht vergessen wird. Bereits nach zehn Zügen war Schluss, eine bittere Lektion für das kleine Talent gegen ein noch größeres gleichaltriges Talent. Marc hingegen hatte es mit Julius Kiefhaber zu tun, der noch vor der Parte siegesgewiss "den mach ich platt" tönte. Am Ende wurde es dann eine sehr einseitige Vorstellung: Marc war hochkonzentriert und wollte unbedingt das Turnier zu einem guten Abschluss bringen. Er gewann in einer seiner bislang besten Partien überzeugend und landete mit 3 aus 5 auf dem insgesamt 23. Rang, neue DWZ jetzt 1226. Luca verbesserte sich auf 1146 und ist jetzt deutschlandweit in der Top 40 in seiner Altersklasse.

Die letzte Runde lief gut für Marc Toth (rechts): Er besiegte in einer starken Vorstellung Julius Kiefhaber (KSF).

Luca Toth auf dem Weg ins Verderben: Gegner Hendrik Hänselmann profitierte von einer vorbereiteten Variante von Veaceslav Cofman: Nach Lucas nöchstem Zug De7 war es bereits aus: Gegen Sd5 ist kein Kraut mehr gewachsen. Trotzdem ein gutes Turnier für Luca mit erheblichem DWZ-Gewinn. 

B-Turnier

Im B-Turnier hatten wir gleich drei Anwärter auf den Turniersieg am Start. Einer, der in der letzten Zeit einen deutlichen "Sprung" gemacht hat (im Sinne von Spielstärkezuwachs), ist Simon Kling. Am Samstag spielte er wie aufgedreht und pfügte sich mit drei Siegen durchs Feld. Von Brett 4 an 3 an 2. Am Sonntag dann endlich ein gleichwertiger Gegner. Die Spielweise hat Simon vom Vater geerbt: Stets hochtaktisch mit einem Auge für ausgefallene Varianten kam er in eine Stellung Turm und Leichtfiguren gegen Dame. Die Sache war ihm nicht geheuer und getreu dem Motto "Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach" bot er Remis, was sein Gegner sogleich annahm. In der letzten Runde ging es dann an Brett 1 glatt um den Turniersieg. Und Simon hatte alles in der Hand! Er erspielte sich eine Mehrfigur und hatte Gewinnstellung. Aber dann! Wie seinerzeit Fischer gegen Spassky ließ er zu, dass ein Läufer hinter der gegnerischen Bauernkette eingemauert wird. Dahin war die Chance auf den Turniersieg. Dennoch mit 3,5 aus 5 ein starkes Turnier von Simon, der seinen Ausfwärtstrend klar bestätigt hat. 


Simon Kling auf dem Weg in ein interessante, aber leider am Ende verlorene Partie. An Konzentration fehlte es ihm jedenfalls nicht.

Last but not leats war auch ein drittes Brüderpaar am Start: Kai und Tim Burger waren ebenfalls Mitfavoriten (unter ungefähr 20 weiteren Spielern...) auf den Sieg. Bei Kai Burger konnte man in den letzten Monaten eine Weiterentwicklung erkennen. Der Verfasser dieser Zeilen hat es leider versäumt, eine Bildaufnahme zu machen, weswegen Kai als einziger in diesem Bericht nur textlich erwähnt wird. Nichtsdestotrotz war er anwesend, und wie! Bis auf einen Ausrutscher in der zweiten Runde gewann er jede Partie! Mit vier aus fünf überholte er am Ende sogar Simon und schrammte nur haarfscharf um einen Platz um einen schönen Geldpreis vorbei. Schade, Kai, trotzdem ein tolles Turnier von Dir!

Bruder Tim Burger hatte Pech mit der Auslosung, bekam hauptsächlich DWZ-lose Gegner, deren wahre Spielstärke ganz schwer einzuschätzen ist. Positiv ist, dass auch Tim nur eine Niederlage zu quittieren hatte, dazu zwei Remis und zwei Siege, was auch für eine positive Endbilanz reicht. 3 aus 5 und um einige Erfahrung reicher, kann auch Tim mit seinem Ergebnis ganz zufrieden sein. 


Tim Burger in der letzten Runde, diese Partie endete Remis.

Für den SC Untergrombach war dieses Quartalsturnier eine insgesamt höchst erfreuliche und vergnügsame Angelegenheit. Unsere Jugendspieler machen wirklich tolle Fortschritte. Das ist keine Floskel á la "sie haben an Erfahrung gewonnen", sondern sie haben sich wirklich ganz erheblich weiterentwickelt und haben dies hier eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Das ist eine tolle Motivation für alle beteiligten Trainer. Dieser Weg ist noch lange nicht zu Ende! 

Dass Baden-Baden das mit Abstand schönste Jugendturnier ist, wurde bereits in früheren Berichten erwähnt. Was ein Ambiente, in was für einer Umgebung, was für starke Gegner und dann auch noch einen Großmeister als Turnierleiter. Was sollte der Ausrichter denn überhaupt noch verbessern? Ein solches Turnier lässt sich allenfalls noch in Kleinigkeiten optimieren. Baden-Baden setzt jedenfalls einen Standard und hängt die Latte für alle vergleichbaren Turniere verdammt hoch. Eines ist sicher, im Juni, zur nächsten Auflage, sind wird natürlich wieder am Start!